Der Strategische Bahndamm
Die Wegdecke des strategischen Bahndamms zwischen Helpenstein und Rommerskirchen wurde im Jahr 2021 erneuert. Der Bahndamm ist nun durchgehend befahrbar und sogar barrierefrei zugänglich für Freizeit- und auch Alltagswege.
Der Strategische Bahndamm ist eine 13 Kilometer lange schmale mit Bäumen und Büschen bestandene Struktur in der ansonsten offenen Agrarlandschaft des Rhein-Kreis Neuss zwischen Neuss, Grevenbroich und Rommerskirchen. Die Bäume bieten im Winter Schutz vor Kälte und Wind und spenden im Sommer kühlenden Schatten. Mit seinem Bewuchs war der Bahndamm in unserer eher waldarmen Gegend bereits in der Vergangenheit fester Bestandteil der Naherholung. Doch lange Zeit führte dieses Bodendenkmal als schwer zugänglicher, verwilderter Fuß- und Reitweg und buckliger Trail für Mountainbiker ein Schattendasein. Das hat sich im Jahr 2021 grundlegend geändert. Der Weg wurde komplett saniert und ist jetzt zwischen dem Rommerskirchener Bahnhof und der Erft gut mit dem Fahrrad befahrbar. Die wassergebundene Decke bietet zwar nicht den gleichen Komfort wie Asphalt, war aber auf einer Probebefahrung auch nach einem Regentag im November noch fest. Die Sanierung fand unter Federführung der Gemeinde Rommerskirchen statt, die den größten Anteil am Bahndamm hat.
Barrierefreier Bahndamm für alle
Eines der Hauptziele des Projekts war, den Bahndamm barrierefrei zu gestalten, damit alle Menschen ihn benutzen können. Neun breite Rampen mit Rollstuhl- und Kinderwagen- gerechter Steigung von maximal sechs Prozent machen ihn heute für Radfahrende, Spaziergänger und Menschen mit Behinderung gleichermaßen gut zugänglich. Er ist ideal geeignet für Familienausflüge mit Programm, denn viele interessante Ziele im ländlichen Raum zwischen Neuss, Grevenbroich und Rommerskirchen sind über den Bahndamm mit dem Fahrrad gut zu erreichen. Allerdings wird der Damm an einigen Stellen von Straßem unterbrochen. Hier wird man für Sicherheit der Nutzer noch Querungshilfen einrichten müssen. An der sehr stark belasteten Landstraße 142 bei Neukirchen ist sogar eine Brücke im Gespräch.
Der Bahndamm als Ortsverbindung
Mit der barriefreien Ausstattung und dem grundsanierten Weg ist der Strategische Bahndamm auch für Alltagswege mit dem Fahrrad aufgewertet worden. Auch das war ein Ziel des Projekts. Im Konzept heißt es dazu:
"Der Strategische Bahndamm verbindet auf kurzem Weg zahlreiche Ortschaften und führt direkt zum Bahnhof Rommerskirchen im Süden und zur Museumsinsel Hombroich im Norden. Er besitzt dadurch ein hohes Potential als alltagstaugliche Wegeverbindung: als Weg zur Arbeit und wieder nach Hause, als Schulweg, als Weg von Ort zu Ort, zum Besuch von Freunden und Nachbarn. Um dieses Potential zu entfalten, müssen vor allem die Anbindungen der Orte an den Bahndamm baulich optimiert werden."
Im Süden ist der Bahndamm gut an den Rommerskirchener Bahnhof angebunden, wo man mit dem Regionalexpress nach Köln, Grevenbroich, Jüchen und Mönchengladbach weiterfahren kann. Dort wird bald eine neue Radstation eröffnen und Service für Pendler mit Rad und Bahn anbieten.
Im Norden bietet der Erftradweg eine autofreie Route nach Neuss, und über Minkel gelangt man zum Holzheimer Bahnhof mit Bahnanschluss nach Neuss, Düsseldorf, Grevenbroich und Bedburg. Es wäre sehr zu wünschen, dass die Stadt Neuss die Anschlüsse in Helpenstein ebenso komfortabel und barrierefrei ausbaut wie die Gemeinde Rommerskirchen am anderen Ende. Denn über den Erftradweg und die Fietsallee am Nordkanal eröffnet sich eine Radroute ganz im Grünen bis in die Neusser Innenstadt und an den Rhein.
Historisches
Die Verbindung von Rommerskirchen zum Neusser Hafen sollte einmal Teil einer Eisenbahnstrecke zwischen dem Ruhrgebiet und der Südwestgrenze Deutschlands werden und die Rheintallinien entlasten. Die Eisenbahn ab Rommerskirchen wäre für den lokalen Verkehr und den Transport von Braunkohle aus dem Bergheimer Revier zum Neusser Hafen vorteilhaft gewesen. Sie hatte aber auch eine kriegerische Bedeutung, denn militärstrategisch hätte diese Bahnlinie als Teil des Schlieffen-Plans den raschen Aufmarsch der deutschen Truppen gegen Frankreich ermöglicht. Tatsächlich wurde die Bahnstrecke ab 1904 geplant und 1913 mit den Bauarbeiten begonnen. Nach dem ersten Weltkrieg baute man bis 1922 weiter und errichtete Bahndämme, Brücken, Durchlässe sowie Bahnhofsanlagen. Gleise wurden auf den 13 Kilometern zwischen Holzheim und Rommerskirchen jedoch nie verlegt, denn in der Pariser Botschafterkonferenz vom 25. Mai 1922, welche für die Umsetzung der Nachkriegs-Friedensordnung zuständig war, wurde nur der Bau einer eingleisigen Strecke ohne Anschlüsse an bestehende Querlinien von Holzheim nach Neuss genehmigt. Der Weiterbau wurde dann aus wirtschaftlichen Gründen gestoppt. Auch spätere Versuche der anliegenden Gemeinden, die Strecke fertig zu bauen, wurden von der Reichsbahn abgelehnt.
Ulrich Rückriems „Sieben Scheiben“
Eine erste Wiederentdeckung als Erlebnisraum erfuhr der Bahndamm im Rahmen der Euroga 2002 plus mit dem Kunstprojekt "Sieben Scheiben" des international renommierten Bildhauers Ulrich Rückriem. Wer den Bahndamm von Anfang bis Ende erwandert oder erfährt, entdeckt sieben Granit-Skulpturen, in großen Abständen verteilt über die gesamte Länge des Strategischen Bahndamms. Der Künstler verbrachte seine Kindheit in Helpenstein am Nordende des Strategischen Bahndamms und unterhält am Rande des Kulturzentrums Sinsteden zwei Skulpturenhallen mit seinen Werken.
Wissenswertes
Unterwegs interessant ist die unterschiedliche Gestaltung der Brücken, mit denen Straßen und Feldwege überbaut wurden, um Kreuzungen zu vermeiden. Dazu gehören sowohl Bogenbrücken als auch Flachbrücken. Diese Bauwerke dienen noch heute dem landwirtschaftlichen Verkehr. Der Damm ist Eigentum der drei Kommunen Rommerskirchen, Grevenbroich und Neuss. Reiten ist nach Abschluss der Wegebauarbeiten auf dem neu angelegten Weg nicht erlaubt. Auf bestehenden Reit- und befestigten Forstwegen abseits des neuen Weges kann aber geritten werden.
Ausflugsziele rund um den Bahndamm.
Die Karte zeigt einige ausgewählte Ausflugsziele, die über den Strategischen Bahndamm mit dem Fahrrad gut zu erreichen sind. Auf Neusser Gebiet findet man ganz in der Nähe die Insel Hombroich, das Helpensteiner Hildegundis-Kapellchen und das Alte Bootshaus mit Einkehr unter Sonnenschirmen. Auch der Kinderbauernhof und das Hofcafé Ehl sind vom Bahndamm aus gut zu erreichen.
Folgt man den ausgeschilderten Wegen Richtung Grevenbroich, gelangt man zum prächtigen Schloss Hülchrath und zum Kloster Langwaden, dessen Biergarten zum Verteilen einlädt. Viele weitere schöne Ziele findet man rechts und links, wenn man dem Bahndamm nach Süden Richtung Rommerskirchen folgt. Dazu gehört die Lambertuskapelle in Ramrath, eine der ältesten Kapellen im Rheinland (9. bis 12. Jahrhundert). Sie ist auf einem künstlichen Hügel über dem Gillbach errichtet.
Haus Horr ist ein ehemaliger Adelssitz. Über eine Allee ist das Herrenhaus mit einer Schlosskapelle verbunden, die dem Heiligen Johann Nepomuk geweiht ist und direkt am ausgeschilderten Radweg liegt.
Die Wasserburg Anstel ist das älteste profane Baudenkmal von Rommerskirchen. 1155 wurde die Burg in einer Urkunde von einem „Sigefridus de Anstele“ erstmals erwähnt. Als Besitzer der Burg wurde in der Mitte des 12. Jahrhunderts eine Familie „de Anstele“ genannt, die sich ab 1209 „Ritter von Anstel“ nannten und nach 1270 nur noch „Knappen“.
Ständiger Begleiter des Bahndamms im Abstand von ein bis zwei Kilometern ist der Gillbach, der in Niederaußem entspringt und uns auf seinem Weg bis zu Mündung in die Erft immer wieder als idyllisches Gewässer begegnet, etwa in Butzheim oder renaturiert zwischen Hülchrath und Münchrath.
Wer kulturell interessiert ist, macht einen Abstecher zum Landwirtschaftsmuseum Sinsteden. Für die ganze Familie eignet sich ein Besuch beim Feldbahnmuseum Oekoven, und ein Geheimtipp für kulinarisch Interessierte ist das portugiesische Einkaufszentrum mit Café am Rande eines Rommerskirchener Gewerbegebietes. Naturfreunde kommen auf ihre Kosten, wenn sie bei Butzheim dem Lößhohlweg folgen, einem in die Landschaft eingeschnittenen einzigartigen Biotop.